Anders als im Straßenverkehr sind die Bremswege von Schienenfahrzeugen teilweise sehr lang. Speziell bei der U-Bahn kommt zu diesem Problem noch die im Tunnel besonders in Kurven eingeschränkte Sichtweite. Dies hat zur Folge, dass es mit Schienenfahrzeugen meist nicht möglich ist, bei Erkennen eines Hindernisses wie zum Beispiel eines anderen Zuges schnell genug zu bremsen um vor diesem anzuhalten. Ebenso können Schienenfahrzeuge entgegenkommenden Fahrzeugen nicht einfach ausweichen.
Daher müssen im Schienenverkehr andere Verfahren angewandt werden als im Straßenverkehr, wo Fahren auf Sicht im allgemeinen kein Problem darstellt.
Fahren im Blockabstand
Das Grundprinzip ist eigentlich ganz einfach: Wenn der Zug aufgrund seiner Geschwindigkeit nicht mehr rechtzeitig vor einem anderen Zug anhalten kann, dann muss dem Fahrer mitgeteilt werden, wie weit die Strecke frei ist. In der Anfangszeit der Eisenbahn wurde dies mit einfachen Mitteln wie einem zeitlichen Mindestabstand zwischen der Abfahrt zweier Zügen realisiert. Diese Methoden waren allerdings nicht sehr sicher und führten immer wieder zu schweren Unfällen, sodass sich folgendes System durchgesetzt hat: Ein Zug darf im Regelfall einen Abschnitt nur befahren, wenn dieser frei von anderen Zügen ist. Ausnahmen davon gibt es beim Rangieren und im Störfall, hier ist jedoch die Höchstgeschwindigkeit soweit begrenzt, dass ein sicheres Anhalten vor einem Hindernis jederzeit möglich ist. Am Beginn jedes dieser Abschnitte befindet sich ein Signal, das dem Fahrer anzeigt, ob er den folgenden Abschnitt befahren darf oder nicht:
Die Feststellung, ob das Gleis frei oder belegt ist, geschieht dabei automatisch.
Sicherung in Weichenbereichen
Bisher haben wir uns mit der freien Strecke beschäftigt - dort ist es ausreichend zu gewährleisten, dass kein Zug auf einen anderen auffährt, und dass kein Zug entgegenkommt. In Bereichen mit Weichen kommen noch einige weitere Kriterien hinzu:
- Unter dem Zug darf keine Weiche umgestellt werden - dies würde zum Entgleisen des Zuges mit der Gefahr eines schweren Unfalls führen
- Die Fahrwege zweier Züge dürfen sich nicht kreuzen
- Verschiedene Fahrwege können unterschiedliche Höchstgeschwindigkeiten haben, die dem Fahrer mitgeteilt werden müssen
- Zum Rangieren muss es möglich sein, in besetzte Gleise einzufahren, um zum Beispiel die Zuglänge zu verlängern
Gelöst wird dieses Problem durch sogenannte Fahrstraßen. Der Stellwerker (oder eine Automatik) gibt dem Stellwerk einen gewünschten Startort und einen Zielort vor. Das Stellwerk prüft dann nach, ob der Fahrweg frei und nicht für andere Züge reserviert ist und die Weichen stellbar sind. Wenn dies der Fall ist, werden die Weichen in die richtige Lage gebracht und in dieser Lage "verschlossen". Verschlossen heißt hier, dass die Weiche erst wieder umgestellt werden kann, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt worden sind - Hauptbedingung ist dabei, dass der Zug die Weiche befahren und anschließend wieder vollständig geräumt hat. Auf die Art ist sichergestellt, dass die Weiche nicht versehentlich durch eine Unachtsamkeit unter dem fahrenden Zug umgestellt wird.
Außerdem werden andere Weichen, die in Richtung des eingestellten Fahrweges führen würden, nach Möglichkeit in die abweisende Stellung gebracht um sogenannte "Flankenfahrten" auszuschließen.
Anschließend wird von dem Stellwerk die für den Fahrweg erlaubte Geschwindigkeit ermittelt und über das Signal dem Fahrer mitgeteilt. Die Geschwindigkeit ist in erster Linie durch die verbauten Weichen bedingt. Die Weichen bei der Münchner U-Bahn sind im geraden Strang üblicherweise mit der Höchstgeschwindigkeit des Netzes von 80 km/h befahrbar, im abzweigenden Strang mit 40 km/h. Es gibt aber auch Weichen, die im abzweigenden Strang mit zum Beispiel 60 km/h oder - vor allem an Verzweigungsbahnhöfen verbreitet - mit ebenfalls 80 km/h befahren werden können.
Zugbeeinflussung und Durchrutschweg
In der Vergangenheit kam es bei der Bahn immer wieder zu Unfällen, weil ein Lokführer ein haltzeigendes Signal übersehen hatte. Um Unfälle dieser Art zu verhindern hat sich ein Zugbeeinflussungssystem durchgesetzt. Bei der Münchner U-Bahn wird eine vereinfachte Form eingesetzt:
An jedem Hauptsignal befindet sich ein sogenannter Fahrsperrmagnet, der bei haltzeigendem Signal aktiv ist. Überfährt nun ein Zug diesen Magneten, wird dies von der Fahrzeugeinrichtung registriert, und der Zug wird automatisch mit maximaler Bremskraft durch eine sogenannte Zwangsbremsung angehalten. Der Fahrer muss sich daraufhin bei dem Stellwerk oder der Leitstelle unter Angabe der Liniennummer, der Kursnummer, der Wagennummer und des Ortes melden, und erhält dann - sofern eine Weiterfahrt zulässig ist - eine mündliche Fahrerlaubnis zum Fahren auf Sicht.
Da der Zug einen gewissen Weg benötigt, um zum stehen zu kommen, gibt es eine weitere Sicherheitseinrichtung: Den Durchrutschweg.
Damit die Vorbeifahrt am linken Signal erlaubt wird reicht es nicht aus, dass der Fahrweg bis zum nächsten Hauptsignal frei ist (grüner Bereich). Der voran fahrende Zug muss auch den Bereich (hier rot markiert) geräumt haben, den der folgende Zug bei einer Zwangsbremsung befahren würde, wenn er mit Höchstgeschwindigkeit über das rote Signal und damit den aktiven Fahrsperrmagneten fahren würde. Bei Signalen auf der Strecke wird bei der Münchner U-Bahn dabei von einer Geschwindigkeit von 80 km/h ausgegangen, bei den Ausfahrsignalen am Bahnsteigende jedoch nur von 40 km/h - auch aus diesem Grund dürfen Leerzüge, die am Bahnsteig nicht halten, diesen nur mit 40 km/h durchfahren.
Ein weiteres bei der Münchner U-Bahn benutztes System ist die Linienzugbeeinflussung. Dieses System ist allerdings so komplex, dass hier nur auf auf eine geplante Unterseite mit weiteren Erklärungen verwiesen werden kann.
Fahren auf Sicht
Nicht in jeder Betriebssituation ist es möglich, einem Zug zu signalisieren, dass der folgende Streckenabschnitt mit Sicherheit frei ist - manchmal muss der Zug in einen Abschnitt einfahren, von dem nicht sicher ist, ob er frei ist.
Im Regelbetrieb tritt dieser Fall bei Rangierfahrten auf. Alle Fahrten in Abstell- und Wendeanlagen werden so durchgeführt. Der Fahrer weiß dabei nicht, ob das Zielgleis frei ist oder ob dort ein weiterer Zug steht. Auf diese Art ist es zum Beispiel möglich, mit einem Zug auf einen weiteren Zug aufzukuppeln. Der Fahrer erhält hier das Signal Hp3 (Rangierfahrt).
Fahren auf Sicht wird aber auch im Störfall notwendig. Bei technischen Störungen kann es vorkommen, dass ein Hauptsignal sich nicht mehr auf "Fahrt" stellen lässt, weil zum Beispiel die Rückmeldung, dass ein Streckenabschnitt frei ist, gestört ist und das Stellwerk von einem besetzten Gleis ausgeht. Ebenso kann es notwendig sein, aus Sicherheitsgründen, wie zum Beispiel bei Personen im Gleisbereich, oder als Vorsichtsmaßnahme nach einer vorangegangenen Störung oder nach Bauarbeiten einen Zug auf Sicht fahren zu lassen. Dem Fahrer wird dies entweder durch ein spezielles Signal Hp5 (Ersatzsignal) signalisiert, oder er erhält eine mündliche Fahrerlaubnis von dem Stellwerker, die ihm dann auch erlaubt ein haltzeigendes Signal zu überfahren. Genauso erhält der Fahrer mündliche Fahrerlaubnis bis zum nächsten Hauptsignal, wenn er auf der Strecke eine Zwangsbremsung erhalten hat.
Für die Durchführung einer Sichtfahrt gilt folgendes: Der Fahrer hat die Geschwindigkeit so zu wählen, dass er jederzeit vor einem eventuellen unbeleuchtetem Zug oder anderem Hindernis anhalten kann. Dabei darf er jedoch 25 km/h nicht überschreiten.
Außerdem gilt die Regelung, dass eine Fahrt auf Sicht, die an einem Ausfahrsignal beginnt, erst am nächsten Bahnhof endet, bei einem Beginn an einem Einfahrsignal muss sogar bis zum übernächsten Bahnhof auf Sicht gefahren werden muss. Der Sinn dieser Regelung war bisher leider nicht in Erfahrung zu bringen.
Signalisation
Bei der Münchner U-Bahn gibt es zwei Arten von Signalisation:
Zum einen die herkömmlichen Signale, auch bekannt als "Fahren nach ortsfesten Signalen" - kurz FO, zum anderen die "Linienzugbeeinflussung" - kurz LZB, bei der die für die Fahrt nötigen Informationen im Fahrerstand angezeigt werden. Im Regelfall wird die LZB verwendet, das System FO dient in erster Linie als Rückfallebene und für Bauzugfahrten. Im System LZB fährt der Zug nach Drücken zweier Starttasten automatisch ohne Eingriff des Fahrers bis zum nächsten Halt.
Stellwerke
Die Bedien- und Sicherungseinrichtungen der Weichen und Signale sind zu Stellwerken zusammengefasst, die an verschiedenen Punkten des U-Bahn-Netzes in Betriebsräumen untergebracht sind, und die die Weichen, Signale und Gleisfreimeldeeinrichtungen steuern. Früher waren die Stellwerke vor Ort besetzt, inzwischen werden diese von der U-Bahn-Betriebszentrale (UBZ) ferngesteuert, wo jeweils ein Disponent, ein Bahnhofsüberwacher und 2 Stellwerker in Arbeitsgruppen je eine Gruppe von 2 Linien betreuen.